Shaw AFB liegt im Herzen von South Carolina, und dort durchlief ich von März bis August 1975 die Schulung auf das Muster RF-4 C, um dann noch einmal von Januar 1981 bis März 1982 als Fluglehrer zurückzukehren. Schon damals beeindruckte mich die Base mit ihren 2 parallelen Runways 04/22 L und R allein schon durch ihre schiere Größe von gut 1450 Hektar. Damit ist sie eine der größten Bases der US Air Force.
Hausherr in Shaw ist als Nachfolger der 363rd Tactical Reconnaissance Wing bzw.363rd Tactical Fighter Wing seit 1994 die 20th Fighter Wing (FW) mit den Staffeln 55th FS „Shooters“, 77th FS „Gamblers“ und 79th FS „Tigers” und insgesamt 85 F-16 CJ Block 50 in der Hauptrolle „Suppression of Enemy Air Defense“ (SEAD). Neben der 20th FW beherbergt die Base u. a. auch noch das Headquater (HQ) 9th Air Force, U.S. Air Forces Central (AIRCENT), 609th Air Operations Center (AOC) und als relative Newcomer HQ 3rd Army und U.S. Army Central (ARCENT). Dem entsprechend steht am Gate auch nicht mehr “Shaw AFB” sondern “Joint Base Shaw”. Heute sind hier 8200 aktive Soldaten und 1200 zivile Beschäftigte mit insgesamt 12 000 Angehörigen stationiert.
Vom 12 – 15 Mai 2019 waren meine Frau Doris und ich wieder mal bei meinem alten Fliegerkameraden Eric McConnell und seiner Frau Jeannie zu Gast in Sumter, in dessen Gemarkung Shaw liegt. Dabei kam mir die Idee, dass zumindest die ehemaligen RF-4 E Besatzungen, die ja zwischen 1971 und 1982 alle hier ihre Ausbildung durchlaufen haben, ein Interesse daran haben könnten wie es heute aussieht.
Also unternahmen Eric und ich eine kleine Base Tour. Dabei kam mir vieles bekannt, aber doch ganz anders vor. Gleich links nach dem Main Gate gibt es immer noch die Tankstelle mit der Shoppette, aber viel größer und moderner als damals. Auch das HQ 9th Air Force war damals schon da, aber die heutigen Gebäude sind neu oder zumindest generalüberholt. Gleiches gilt für das HQ 20th FW, bis Ende 1993 noch das HQ 363rd TRW bzw. 363rd TFW. Die Fliegenden Staffeln sind in etwa da, wo früher die 16th, 33rd und 62nd Aufklärungsstaffeln waren. Neben dem eigentlichen Staffelgebäude hat jede Staffel auch noch ein Zwillingsgebäude für die Staffeltechnik, die Aircraft Maintenance Unit (AMU). Die Flugzeuge stehen nicht mehr wie damals unsere „Phantoms“ schutzlos den Elementen ausgeliefert auf der Ramp, sondern unter stabilen Schutzdächern. Auch das Base Hospital ist völlig neu und nicht wieder zu erkennen. Die Häuser der Base Housing Area sind neuer und größer.
Da sich alles so sehr verändert hatte, machte es für mich keinen Sinn davon Fotos zu machen – wer vor 40 Jahren in Shaw war, hätte nichts davon erkannt. Die wenigen Gebäude bzw. Bereiche, die ich noch von früher identifizieren konnte, waren das alte BOQ, die Officers Mess (heute All-Ranks Mess), der große Technikhangar, der Base Swimming Pool und natürlich der 18 Loch Golfkurs – auch wenn ich selbst mit Golf nie etwas am Hut hatte. Von einigen habe ich Bilder hinzugefügt, die für den einen oder anderen einen Wiedererkennungswert haben mögen.
Fährt man nach Golfplatz und den Abstellplätzen der F-16 weiter, um die Overruns von Runway 22 L/R herum, dann kommt man in den südöstlichen Bereich der Base. Dort war in meiner Erinnerung damals hauptsächlich Wald und weiter nichts Besonderes. Heute sind hier u. a. die Hauptquartiere von 3rd Army und ARCENT und es gibt einen weiteren Zugang zur Base, in dessen Nähe auch eine RF-4 C auf ihrem Sockel zu bewundern ist.
Ähnlich wie die Base hat sich auch die Stadt Sumter im Laufe der Zeit erheblich verändert. Neue Wohngebiete südlich des Sumter – Columbia Highways reichen nunmehr fast bis zum Main Gate der Base und auch die Innenstadt hat sich im Verhältnis zu damals positiv entwickelt. Früher war es nicht ratsam dort im Dunkeln zu weilen, heute kann man hier gemütlich essen und trinken, es gibt auch eine kleine Brauerei. Der städtische Park Swan Lake ist immer noch sehenswert und inzwischen um einen ursprünglich belassenen Sumpfanteil erweitert worden. Die Lamplighter Apartments, in denen damals alle verheirateten Students wohnten, habe ich auf den ersten Blick wiedererkannt. Das gleiche gilt für die trostlose Broad Street mit ihren Autohändlern, Fast Food Restaurants und gigantischen Parkplätzen vor (inzwischen) menschenleeren Geschäften und der Sumter (damals Jessamine) Mall.
Es war schön mal wieder da gewesen zu sein. Und vieles hat sich wirklich zum Positiven verändert. Auch über die Zukunftsfähigkeit der Base braucht man sich wohl angesichts der hier getätigten Investitionen und angesichts der Bedeutung für die lokale Wirtschaft (Sumter hat lediglich 40 000 Einwohner) keine allzu großen Sorgen machen. Es kann also davon ausgegangen werden, dass Shaw auf mittlere Sicht von F-16 auf F-35 umrüstet und weiterhin eine der wichtigsten Basen der US Air Force bleiben wird. Shaw AFB gehört somit zu meinen drei großen „S“, bestehend aus Sheppard, Shaw, Schleswig. Auf allen anderen Plätze auf denen ich Phantom, Tornado oder Alpha Jet geflogen bin – Leck, Bremgarten, Bergstrom, Fürstenfeldbruck, Cottesmore, Jever– gibt es keinen militärischen Flugbetrieb mehr.
Jürgen Erbeck